Pressearchiv (2005 - 2020)

Kluft zwischen Bürgern und der Politik in Land

von Bi-Bahntrasse

Kluft zwischen Bürgern der Region und der Politik in Land...

Sprecher der IG BOHR zur aktuellen Lage Rheintalbahn

„Die Bürgerinitiativen sind der Sieger der gestrigen Debatte im Bundestag über den Antrag der FDP zum Ausbau des dritten und vierten Gleises”, erklärte Roland Diehl, Sprecher der BI MUT und Vorsitzender des Sprechergremiums der Interessengemeinschaft Bahnprotest an Ober- und Hochrhein (IG BOHR). Zwar hätte die große Koalition den Antrag der FDP abgelehnt, aber alle im Bundestag vertretenen Parteien hätten erstmals die Forderungen der Bürgerinitiativen als berechtigt anerkannt und die zügige Anberaumung des Bahngipfels von Bund, Bahn und Land angemahnt. „Jetzt muss es schnell zum angekündigten Bahngipfel zwischen Ministerpräsident Oettinger, Bahnchef Mehdorn und Verkehrsminister Tiefensee kommen”, betonte Adalbert Häge, Sprecher der BI IGEL und der IG BOHR, und dabei sei die Landesregierung gefordert. Außerdem hat die IG BOHR mit mehreren Schreiben an politisch Verantwortliche im Land und im Bund gefordert, dass alle laufenden Planungsverfahren bis dahin gestoppt werden.
Denn die Entwicklung bei diesem geplanten Spitzengespräch ist aus Sicht der IG BOHR bisher unbefriedigend. Nach wiederholter Bekräftigung durch Vertreter der Landesregierung soll es noch in diesem Frühjahr stattfinden. Wie aus dem Verkehrsministerium zu erfahren ist, ist allerdings noch gar keine Terminanfrage von Baden-Württemberg an das Ministerium herangetragen worden: „Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt”, betont Adalbert Häge.
Dafür liegt der IG BOHR ein bemerkenswertes Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin, Karin Roth, aus dem Bundesverkehrsministerium an den Grünen-Abgeordneten Alexander Bonde vor. Diesem Schreiben zufolge zahle der Bund nur nach den Mindeststandards der Gesetze. Wer mehr wolle, müsse das Mehr auch bezahlen. In diesem Fall sei also das Land gefordert. Des Weiteren fordert die Staatssekretärin, dass die Planungsverfahren rasch rechtskräftig werden sollten.

Von den Defiziten in der Gesetzgebung will das Ministerium offenbar immer noch nichts wissen, betont Uwe Haller, Sprecher der BI Bahnprotest Herbolzheim-Kenzinger und der IG BOHR: „Die fachlich sehr fundiert geführten Diskussionen zur Lärmwirkungsforschung, dem überholten Schienenbonus und den Vorschlägen zur Novellierung der Immissionsschutzverordnung im Regionalverband sind völlig an diesem Ministerium vorbei gegangen.” In zwei Schreiben an Verkehrsminister Tiefensee und an die Staatssekretärin machten die IG-BOHR-Verantwortlichen daher deutlich, dass sie die Position des Verkehrsministeriums nicht hinnehmen und beim Versuch der Bahnplaner, die Antragstrasse durchzudrücken, den Rechtsweg bis zum Europäischen Gerichtshof ausschöpfen werden.
Schnelles Handeln der Landesregierung ist nach Ansicht der IG BOHR auch angesichts der aktuellen Entwicklung in der Region notwendig. So sei die Stimmung bei den Bürgern in der Region zunehmend gereizter wie auch die zum Teil turbulenten Versammlungen der Bürgerinitiativen belegen, auf denen Tacheles geredet werde: So zeigen die Bürger vor allem für die Fortführung des Planungsverfahrens auf dem Streckenabschnitt bei Weil am Rhein kein Verständnis. Hier hat das Regierungspräsidium als Anhörungsbehörde in einer Stellungnahme an das Eisenbahnbundesamt allen Gesichtspunkten der Bahnplanung entsprochen.

Die IG BOHR weist jedoch darauf hin, dass Innenminister Heribert Rech am 2. Februar erklärt hatte, dass auch dieser Abschnitt von der Landesregierung als neu zu planender Teil in das Verhandlungspaket der sechs Kernforderungen mit beim Spitzengespräch mit dem Bund aufgenommen werden soll. Gleiches gilt für den Streckenabschnitt von Bad Krozingen nach Heitersheim im Markgräflerland. Dort hat das Regierungspräsidium jetzt zu einem neuen Erörterungstermin Ende April eingeladen – ebenfalls ohne Rücksicht auf die neue politische Entwicklung. Die IG BOHR fordert daher in einem Schreiben an Innenminister Rech zu veranlassen, dass das Regierungspräsidium alle weiteren verwaltungsrechtlichen Maßnahmen sofort aussetzt, bis auf dem Bahngipfel eine politische Entscheidung zu BADEN 21 gefallen ist.

Diese politischen Widersprüche, die sich derzeit zwischen der Region, dem Land und Berlin auftun, sind für die Betroffenen nicht nachvollziehbar. „Für die Bürger ist die Glaubwürdigkeit dahin, wenn die rund 100.000 Einwendungen und der regionale Konsens zu BADEN 21 schlicht übergangen werden soll und man einfach meint, zur alten Tagesordnung übergehen zu können. Das erzeugt Politikverdrossenheit in allen Schichten – und das so knapp vor der Bundestagswahl!” wie Manfred Wahl, Sprecher der BI Offenburg und der IG BOHR, aus der Mitgliederversammlung in Offenburg zu berichten weiß. „Wir erwarten umgehend klare Aussagen der Landes- und Bundesregierung, wann das Spitzengespräch stattfindet und dass die Planverfahren nicht bis zur Rechtskraft weitergeführt werden, bevor die Gespräche in Berlin als abgeschlossen erklärt werden”, lautet daher die Forderung der IG BOHR-Sprecher an die Regierungen in Stuttgart und Berlin.

Zurück